Nachhaltigkeit verlangt eine große Transformation und für Unternehmen lohnt es sich daran mitzuwirken
Vortrag von Prof. Dr. Christian Berg
Anlässlich des Geschäftsführermeetings der Wackler Group am 26. November 2020, hielt Prof. Dr. Christian Berg einen Vortrag zu dem Thema „Nachhaltigkeit verlangt eine große Transformation und für Unternehmen lohnt es sich daran mitzuwirken“. Prof. Berg absolvierte die Studien Physik, Philosophie und Theologie. Er hat u.a. 10 Jahre bei SAP das Thema Nachhaltigkeit vorangetrieben, zunächst in der Forschung und Entwicklung, später in der Managementberatung. Er lehrt an verschiedenen Universitäten, u.a. als Gastprofessor für unternehmerische Nachhaltigkeit an der Universität des Saarlands. Im Expertendialog der Bundeskanzlerin zur Zukunft Deutschlands leitete er die Arbeitsgruppe „Nachhaltiges Wirtschaften und Wachstum“ (2011-2012). Sein neues Buch „Ist Nachhaltigkeit utopisch? Wie wir Barrieren überwinden und zukunftsfähig handeln“ ist ein Bericht an den CLUB OF ROME, für den Christian Berg sich engagiert.
„Nachhaltigkeit verlangt eine große Transformation und für Unternehmen lohnt es daran mitzuwirken“.
In seinem aktuell veröffentlichen Buch „Ist Nachhaltigkeit utopisch? Wie wir Barrieren überwinden und zukunftsfähig handeln“, befasst sich Prof. Christian Berg mit der Frage, warum es uns als Einzelnen wie als Gesellschaft nicht gelingt, nachhaltiger zu handeln und zu leben. Nachhaltigkeit definierte Prof. Berg in seinem Vortrag gemäß der Definition der Brundtland Kommission von 1987 als eine dauerhafte Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Eine solche Entwicklung könne nur ganzheitlich, langfristig und global funktionieren. „Wir leben in einer besonderen Zeit. In den letzten 100 Jahren hat sich die Bevölkerung vervierfacht, der Ressourcenverbrauch verachtfacht und der Energieverbrauch verzehnfacht“, verdeutlichte Prof. Berg. „Ein Wachstum, das es in der Menschheitsgeschichte so noch nie gegeben hat und auch wohl kaum mehr geben wird.“
Der Klimawandel sei eines der größten Probleme der Menschheit. Jedoch gebe es neben dem Klimawandel auch andere Umweltprobleme, die nicht aus dem Blick geraten dürften. Insbesondere die abnehmende Intaktheit der Biosphäre, die Störung der biogeochemischen Stoffströme (z.B. bei Stickstoff und Phosphor) und die abnehmende Artenvielfalt.
„Im Gegensatz zur aktuellen Corona-Pandemie gibt es im Blick auf die Nachhaltigkeit und den Klimawandel leider keine Impfung“, so Prof. Berg. „Es liegt allein in unseren Händen, das Nötige jetzt auch zu tun.“ Nachhaltigkeit sei ein multidimensionales Problem, es habe auch mit sozialen Fragen zu tun. „Wir müssen Menschen von der Dringlichkeit des Handels überzeugen. Dabei besteht die Gefahr, dass bei zu viel Druck und erhobenem Zeigefinger eine Abwehrreaktion hervorgerufen wird. Gerade angesichts von Populismus und Verschwörungserzählungen ist es wichtig, die Menschen zu überzeugen und an Bord zu halten. Wenn uns dies nicht gelingt, können wir auch nicht das Klima retten“, warnte Prof. Berg.
Eine Transformation im Blick auf die Nachhaltigkeit sei nicht so einfach. Es scheitere laut Prof. Berg an vielen Barrieren: Neben dem politischen (z.B. der viel zu geringe CO2-Preis) oder dem marktwirtschaftlichen Versagen (z.B., dass fossile Energieträger, wie Kohle und Öl nach wie vor auch in Deutschland subventioniert werden würden), würden die Schwächen in der menschlichen Natur liegen. Manche Dinge könnten wir nicht ändern, weder die Physik noch wie die Gesellschaften funktionieren. „Wir haben als Menschen kein intuitives Verständnis für exponentielles Wachstum. Deshalb ist es schwer, die Menschen zu überzeugen, dass rechtzeitiges Handeln wichtig ist – das gilt für die Ausbreitung des Corona-Virus ebenso wie für die Entwicklung des Klimawandels“, erklärte Prof. Berg. „Zudem ist bei uns Menschen der einfache Weg immer der beliebtere: Uns ist eine bequeme Lüge lieber als eine ‚unbequeme Wahrheit‘, wie der Titel des Films des ehemaligen US-Vizepräsidenten und Umweltschützer Al Gore lautet.“
Im Blick auf die Verantwortung von Unternehmen gegenüber der Gesellschaft führte Prof. Berg aus, dass in den letzten Jahren der Handlungsdruck auf Firmen im Bereich der Nachhaltigkeit deutlich gestiegen ist. „Heute kann ein Unternehmen nicht mehr nur rein profitorientiert handeln, dazu ist es viel zu sehr in komplexe Interaktionen eingebunden“, so Prof. Berg. „Es muss zwar auf den Shareholder-Value achten, aber genauso auf die Wünsche der Konsumentinnen und Konsumenten und der Politik.“ Zudem erhöhe sich der Druck auf Seiten der Belegschaft und von der Straße (Fridays for Future). Bei der Arbeitnehmersuche würden sie sich positionieren, etwas bieten müssen. Auch im B2B-Bereich würden heute Partner und Lieferanten immer häufiger nach Klimaneutralität und einer CO2 -Bilanz verlangen.
Nachhaltigkeit ermögliche deshalb durchaus auch Chancen für Unternehmen. „Die Knappheiten von morgen können heute zu vielfältigen Innovationen anregen“, meinte Berg. „Neue Situationen bringen neue Zielgruppen und daher ein Potential für neue Produkte – Not macht erfinderisch.“ Das zeige zum Beispiel die weltweite Marktentwicklung bei Fleischersatzprodukten. Dasselbe gelte auch für Prozess-Innovationen. Wenn ein Unternehmen seine Produktionskette auf seinen CO2-Fußabdruck hin untersuche und diese entsprechend optimiert, kann es nicht nur Kraftstoff, Material, Arbeitsstunden usw. einsparen, es reduziert auch seine CO2-Emissionen, ein Plus für das Klima und den Geldbeutel.
Nachhaltigkeit in Unternehmen hänge auch mit Diversität zusammen, denn es sei erwiesen, dass Unternehmen profitabler und innovativer sind, wenn sie zum Beispiel ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis bei ihren Führungskräften haben. Und es bedeute ein Plus auf dem Arbeitsmarkt, wenn man daran denke, dass allein ein Viertel der Millennials, also der nach 1982 Geborenen, glauben, dass Unternehmen heute nicht genügend Augenmerk darauf richten, die Gesellschaft zu verbessern. Prof. Berg gab zu bedenken: „Die Frage, die sich für Unternehmen daher stellt, ist: ‚Bin ich Teil der Lösung oder Teil des Problems?‘. Diese Frage müssen sie möglichst bald für sich beantworten, denn es ist höchste Zeit die Herausforderungen der Nachhaltigkeit zu adressieren, aus Verantwortung, aber auch aufgrund der Chancen.“
Lesen Sie hier den kompletten Bericht.